Tipps & Tricks: So geben Sie im Handumdrehen das Rauchen auf

Meine Vorgeschichte

Meine letzte Zigarette rauchte ich am Tag des Fukushima-Unglücks. Sie schmeckte nicht.

Ãœber dreizehn Jahre lang finanzierte ich den Nikotinonkel, hustete trocken und hatte immerzu schlechte Laune, wenn die Schachtel ihren Zenit unterschritt. Ja, der ambitionierte Raucher von heute hat es nicht leicht. Als ich in meiner Jugend begann, mich für BHs und „HB“s gleichermaßen zu interessieren, galt Rauchen noch als männlich und reif. Die Mädchen mochten es – also rauchten wir Jungs halbstark um die Wette. Heute ist man als Raucher eher ausgegrenzt und muss oft allein im Regen qualmen. Oder in dafür vorgesehen kleinen Glaskabinen, deren Peinlichkeit nur noch übertrumpft werden kann, wenn man dort ohne Hose herumsteht.

Das in meiner Jugend durch Zeitungsaustragen verdiente Geld verschwand mit zunehmender Regelmäßigkeit im schmalen Schlund des Automatenpiraten. Die allererste Schachtel hat für einen Monat gereicht, die dritte für eine Woche und kurz darauf rollten bereits täglich die fünf glänzenden Markstücke ins Ungewisse. Ich wurde süchtig.

Jahre und ökonomische Grobmotorik später löste der Euro die D-Mark ab. Der Währungswert halbierte sich nominell, die Preise stiegen und Banker reichten sich manikürte Hände. Den Raucher aber quälte nur ein einziger Gedanke: „Wo ist denn das verflixte Fünfeurostück?“

Mein Abitur schloss ich mit einer Note ab, die dem damaligen Schachtelpreis nicht unähnlich war. Ich erinnere mich noch gut, wie für unser Jahrbuch damals Umfragen durchgeführt wurden, um wehrlose Mitschüler mit sogenannten “Awards” zu bestrafen. Kategorien wie “der/die Schönste” blieben meinem Namen ungerechtfertigterweise zwar fern, doch gewann ich mit sicherem Abstand die Ausschreibung für den stärksten und ambitioniertesten Raucher. Schon damals schämte ich mich ein wenig dafür, rauchte aber unbeirrt weiter. Die Kinder der armen Tabakproduzenten durften ja nicht auf der Straße landen.

Heute bin ich nicht nur clean, sondern möchte auch meine Analyseergebnisse mit Ihnen teilen und einen möglichen Aufhör-Algorithmus skizieren:

Voraussetzung fürs Aufhören

Treffen mindestens zwei Punkte auf Sie zu, sollten Sie das Rauchen aufgeben.

  • Sie tragen Ihre Jeans bereits die fünfte Woche in Folge und ernähren sich überwiegend von Reis, Buchweizen oder billigen Nudeln
  • Sie besuchen nur Freunde, die im Erdgeschoss wohnen und jederzeit bereit wären, einen Lungenflügel für Sie zu spenden
  • Sie müssen beim Essen Raucherpausen einlegen
  • Sie haben eine Kaugummi-Lieblingsmarke
  • Wenn Sie den Plastikmüll rausbringen, sieht man nicht, wo der gelbe Sack aufhört und ihre Hände anfangen
  • Ihr Hund findet, Sie riechen nach nassem Raucher

Vor- und Nachteile des Aufhörens

Stellen Sie sich eine Liste auf, die Vorteile sowie Nachteile des Aufhörens verzeichnet und bewerten Sie einzelne Punkte mit Schulnoten.

Ihre Liste könnte in etwa wie folgt aussehen:

Vorteile

  • Sie stinken nicht mehr als vor dem Beginn mit dem Rauchen
  • Sie haben plötzlich fünf Euro mehr am Tag in der Tasche, hundertfünfzig im Monat und über eineinhalb Tausend im Jahr (Wie wäre es mal wieder mit Urlaub?)
  • Sie haben länger Sex (gut, kann für Vielbeschäftigte auch ein Nachteil sein)
  • Sie schwitzen nicht mehr im Winter
  • Sie können besser riechen und schmecken (die Ausprägung ist unterschiedlich; bei mir war die Verbesserung deutlich. Achtung: Nachteil, wenn Sie im Sommer viel Bus fahren)
  • Ihre Freundin beschwert sich nicht mehr über Ihre kalten Hände, wenn Sie unter der Bettdecke ihre Füße berühren
  • Sie haben spürbar mehr Zeit (ca. zwei Stunden pro Tag!)
  • Ihr Penis wächst (Keine gesicherte Erkenntnis. Variiert wiederum von Fall zu Fall)
  • eine gewöhnliche Erkältung ist bereits nach zwei Tagen wieder weg (Für Schüler und Arbeitnehmer eher ein Nachteil)

Nachteile

  • Philip Morris entfolgt Ihnen bei Instagram

Überzeugte Raucher könnten hier protestieren und weitere Nachteile benennen wollen. Fragt man sie dann danach, so erhält man in der Regel drei Antworten:

  1. Ich rauche, weil es mir schmeckt
  2. Ich habe zu wenig Geld, um Freunde zu kaufen und Rauchen fördert soziale Kontakte
  3. Ich rauche, weil ich mich in Stresssituationen besser fühle

Betrachten wir nun den Wahrheitsgehalt dieser Aussagen.

Geschmack

Rauchen schmeckt nicht. Das sagt Ihnen jeder Nichtraucher. Das hat auch nichts damit zu tun, dass Geschmäcker verschieden sind. Ihr konditioniertes Hirn suggeriert es Ihnen bloß, um Ihre Abhängigkeit zu legitimieren. Das, was Sie in solchen Fällen als Geschmack deklarieren, ist nichts anderes als das Gefühl der befriedigten Sucht.

Raucher haben mehr Freunde

Dies klingt zunächst plausibel, da Menschen sich gerne gruppieren oder Anknüpfungspunkte suchen, um in Gespräche zu kommen. Zu Beginn meiner Raucherkarriere bestand auch mein Freundeskreis überwiegend aus Rauchern. Ob uns aber das Qualmen an sich oder eher die Mentalität (auch Rauchen als avanturistisches Risikoelement ist Teil einer solchen) verband, sei dahingestellt.

Als Nichtmehrraucher müssen Sie Raucher aber nicht zwangsläufig meiden. Auch wenn der Großteil Ihrer Freunde irgendwann nicht mehr raucht – die meisten haben vor Ihnen aufgehört – gehören noch zahlreiche Raucher zum eigenen Umfeld. Gehen Sie ruhig mit den Qualmakrobaten vor die Tür und genießen die Luft bei einem Kaffee. (Wie Sie die Kaffee-Abhängigkeit erfolgreich besiegen, behandeln wir in einem der nächsten Ratgeber.)

Rauchen baut Stress ab

Sind sämtliche Ausreden erschöpft, funktioniert die folgende noch immer hervorragend. “Ich bin mitten in einer Klausurenphase – danach höre ich aber mit Sicherheit auf. Spätestens, wenn die Stange leer ist. Versprochen.“

Bei den meisten bleibt es jedoch bei diesem Versprecher. Als vielbeschäftigter Homosapiens sapiens haben Sie tatsächlich nie einen stressfreien Monat – Sie haben ständig Prüfungen, Ihr Chef nervt, Ihr Schwein pfeift und zur Not beenden Sie kurzerhand Ihre aktuelle Beziehung, um einen Vorwand für Ihr leidvolles Leben zu generieren.

Als Raucher müssen Sie begreifen, dass einen beträchtlichen Teil dieses Stresses eben das Rauchen selbst ausmacht. Kann nicht sein, sagen Sie? Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum es so viele Nichtraucher gibt? Wissen sie alle nicht, was guter Geschmack ist, sind geizig oder einfach nur uncool? Die Antwort ist denkbar einfach: sie müssen erst gar nicht rauchen – es geht ihnen ja bereits gut!

Ziehen wir zur Veranschaulichung zwei fiktive Personen heran, die sich in einer vergleichbaren sozialen sowie beruflichen Situation befinden, so wird es klarer. Person A raucht – Person B nicht. Person B – der Nichtraucher – verharrt auf einer Zufriedenheitsskala von 1 bis 10 auf einer 8. Person A auch; allerdings nur unmittelbar nach dem Konsum einer Zigarette. Zwischen den Nikotindosen befindet sie sich in einer Entzugsphase, ohne es bewusst wahrzunehmen. Dabei bewegt sich ihr Zufriedenheitswert immer unterhalb dieser 8 – ihres üblichen Maximalwerts.

Ach was, Sie sind immer gut drauf.

Sind Sie im Kino schon mal mitten im Film raus gegangen, morgens früher als nötig aufgestanden oder haben im Zug das stinkende Raucherabteil aufgesucht? Nur, um sich ein helles gestopftes Röhrchen in den Mund zu schieben, anzuzünden und gelegentlich daran zu ziehen? Das klingt nicht nur nach Stress, sondern sieht auch noch albern aus. Stellen Sie sich vor, Sie unterhielten sich mit jemandem, der sich in regelmäßigem Abstand immer wieder einen Finger in diese Nase steckt und dran zieht. Für einen Nichtraucher sehen Sie nicht viel anders aus.

Was also tun?

Tipps & Tricks fürs Aufhören

  • rauchen Sie Ihre letzte Zigarette bewusst und intensiv. Versuchen Sie, den “Geschmack” wahrzunehmen
  • in den ersten Wochen sollten Sie jegliche Situationen, in denen Sie früher geraucht haben, rauchfrei überschreiben. Haltestellen, bestimmte Ampeln oder Eingangsbereiche von Universitätsgebäuden. Gehen Sie zu Hause auch ruhig mal auf den Balkon raus und… atmen
  • werfen Sie Ihre letzte Schachtel nicht weg – Sie schaffen sonst eine “verbotene Frucht”. Behalten Sie diese in irgendeiner Trödelschublade
  • jedes Mal, wenn das “Verlangen” Sie überkommt, machen Sie Liegestütze, gehen laufen oder malen ein Bild. Essen eignet sich nicht als Substitut – das weiß ich aus gesicherter Quelle
  • notieren Sie gewissenhaft, wie viel Geld und gegebenenfalls Zeit Sie durch das Aufhören gespart haben. Natürlich abzüglich der Zeit, die Sie für das Notieren dieser verschwendet haben. Es gibt auch nette Apps, genau für diese Zwecke. Denn das motiviert ungemeint
  • beobachten Sie Raucher (am besten 45+) im Alltag. Sie werden sehen – irgendwie sehen unglücklich aus, auch noch viel gestresster als Sie und haben zudem schlechte Haut
  • nur die ersten 3 bis 5 Tage sind schwer

Fazit

Fassen wir also zusammen:

Unbedingt sollten Sie weiter rauchen, falls Sie..

  • gut geerbt haben
  • Ihre Freunde Sie sonst nicht cool genug finden
  • sowieso nicht in die Rentenkasse einzahlen. Wozu also alt werden?
  • Mundgeruch verbergen müssen
  • versuchen, von Nikotinpflastern runterzukommen (Quelle: Bernd Stromberg)

Entscheiden Sie selbst.

Haben Sie Tipps und Erfahrungen, die hier unerwähnt geblieben sind, so teilen Sie mir diese in einem wütenden Kommentar mit. Beim nächsten Mal lernen wir, wie man wie aus dem Nichts zulegte zehn Kilo schnell und gesund wieder loswird.

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Regelmäßig produziere ich Sketche für die Kanäle der “Kreidekiste”. Diese sind auf den gängigen Videoplattformen (Tiktok, Instagram, Youtube & Facebook) abrufbar. Es folgt – wie sollte es anders sein? – eine kleine Auswahl.